Der Bundesrat hat am 07.05.2021 der am 21.04.2021 vom Bundestag beschlossenen verschärften Besteuerung grunderwerbsteuerlicher Share Deals sowie weiterer Änderungen zugestimmt. Als Zeitpunkt der Erstanwendung ist der 01.07.2021 vorgesehen.
Mit den bestehenden Ergänzungstatbeständen des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG (Share Deal-Regelungen) werden zusätzlich zu reinen Grundstückserwerben auch Rechtsvorgänge erfasst, die im wirtschaftlichen Ergebnis zwar einem auf den Erwerb des Grundeigentums gerichteten Geschäft gleichkommen, denen aber gesellschaftsrechtliche Vorgänge („Share Deals“) zugrunde liegen. Der Gesetzgeber unterwirft somit auch bestimmte Anteilsübertragungen an grundbesitzende Gesellschaften der Besteuerung mit Grunderwerbsteuer. Gegenstand der Besteuerung ist jedoch nicht der Anteilserwerb selbst, sondern der mit Hilfe der Ergänzungstatbestände fingierte Rechtsträgerwechsel an den inländischen Grundstücken bzw. der fingierte Erwerb derselben.
Neben der verschärften Besteuerung grunderwerbsteuerlicher Share Deals ergeben sich unter anderem folgende wesentliche gesetzliche Neuregelungen:
- Die Beteiligungsgrenze der „Ergänzungstatbestände“ (§ 1 Abs. 2a - Anteilsübertragung bei grundbesitzenden Personengesellschaften, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG - Anteilsvereinigung und Anteilsübertragung, rechtsformunabhängig) wird von 95 Prozent auf 90 Prozent gesenkt. Auch wird der maßgebliche Betrachtungszeitraum (§ 1 Abs. 2a GrEStG) von 5 auf 10 Jahre verlängert.
- In Fällen der Grundstücksübertragung auf bzw. von einer Gesamthand werden die Haltefristen von 5 auf 10 Jahre (§ 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG) bzw. in Einzelfällen sogar auf 15 Jahre (§ 6 Abs. 4 GrEStG) verlängert.
- Zudem wird neben den bereits bestehenden Regelungen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG) auch ein neuer Ergänzungstatbestand in Anlehnung an den bereits bestehenden § 1 Abs. 2a GrEStG für Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften auch für Kapitalgesellschaften eingeführt. Gem. § 1 Abs. 2b GrEStG wird bei Kapitalgesellschaften eine (mittelbare) Übertragung von 90 Prozent der Anteile auf Neugesellschafter innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes besteuert werden.
- Die gesetzliche Neuregelung sieht davon ab, die Regelung der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel des § 6a GrEStG an die vorgenannten Änderungen anzupassen (Senkung der Beteiligungsschwelle auf 90 Prozent und
Verlängerung der Vor- und Nachbehaltefristen). Hier bleibt es bei der Beteiligungsgrenze von 95 Prozent und der Vor- und Nachbehaltefrist von 5 Jahren. - Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde im Laufe des Verfahrens um eine sogenannte „Börsenklausel“ ergänzt (§ 1 Abs. 2c GrEStG). Somit bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften für Zwecke des § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt oder einem Drittlandshandelsplatz, der als gleichwertig erklärt wurde (derzeit USA, Hongkong und Australien), zugelassen sind.
Die neuen Vorschriften finden grundsätzlich für Erwerbsvorgänge Anwendung, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden. Allerdings werden bei § 1 Abs. 2a GrEStG Anteilsbewegungen in einem 10-Jahreszeitraum vor der Gesetzesänderung mitgezählt, sofern sie nicht bereits in der Vergangenheit die 90 Prozent überschritten haben. Gesellschafter, die bereits am 30.06.2021 gem. § 1 Abs. 2a GrEStG als Altgesellschafter gelten, weil die 5-jährige Haltefrist abgelaufen ist, behalten ihren Status als Altgesellschafter. Auch die Verlängerung der Haltefristen nach §§ 5 und 6 GrEStG wirkt in die Vergangenheit zurück. Allerdings nur bei Haltefristen, bei denen die 5-jährige Frist am 30.06.2021 noch nicht abgelaufen war, verlängert sich die Frist auf 10 Jahre. Die bisherige Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG (insb. die 95 Prozent-Grenze) ist in einer Übergangsfrist von 5 Jahren, also bis zum 30.06.2026, parallel weiterhin anzuwenden. Auch sollen die bisherigen 95 Prozent-Grenzen des § 1 Abs. 3 GrEStG und § 1 Abs. 3a GrEStG weiterhin unbegrenzt anwendbar sein, um eine steuerneutrale Aufstockung nach dem „Hineinwachsen“ in eine bestehende Anteilsvereinigung nach neuem Recht zu verhindern.
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