Die sogenannte Konzernklausel des § 6a GrEStG, nach der bei Umwandlungen im Konzern bei Einhaltung bestimmter Fristen und weiterer Voraussetzungen keine Grunderwerbsteuer anfällt, steht seit längerem bereits in der Kritik. Unklar ist vor allem, ob die für die Steuerbefreiung einzuhaltenden Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen nach ihrem Wortlaut weit oder streng auszulegen sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits in 2019 zu mehreren Streitfragen im Zusammenhang mit § 6a GrEStG Stellung bezogen.
Nach § 6a Satz 1 GrEStG (sog. Konzernklausel) sind bei grunderwerbsteuerbaren Vorgängen auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Tatbestände als steuerfrei einzustufen. Dies soll Umstrukturierungen in Konzernkonstrukten steuerlich entlasten. Voraussetzung dafür ist, dass bei einer entsprechenden Transaktion ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (vgl. § 6a Satz 3 GrEStG). Gemäß § 6a Satz 4 GrEStG ist eine Gesellschaft jedoch nur abhängig, insofern das herrschende Unternehmen am Gesellschaftsvermögen des beherrschten Unternehmens innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist.
Neben weiteren Punkten war insbesondere streitig, inwiefern die Einhaltung der Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist eine zwingende gesetzliche Voraussetzung für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer darstellt, sofern die Fristen nachweislich nicht eingehalten werden können (etwa bei einer Auf- oder Abspaltung durch Neugründung).
Der BFH hat in sämtlichen Verfahren nachfolgenden festgestellt, dass die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG bei Konzernumstrukturierungen für alle Rechtsträger im Sinne des GrEStG Gültigkeit besitzt, die wirtschaftlich tätig sind.
Weiterhin hat der BFH entschieden, dass die Vorbehaltens- bzw. Nachbehaltensfrist nur insoweit eingehalten werden muss, sofern sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden kann.
Kann die fünfjährige Vorbehaltensfrist demzufolge nicht eingehalten werden, weil der Rechtsträger zum Beispiel erst durch den begünstigten Umwandlungsvorgang neu entsteht, muss sie nicht eingehalten werden.
Selbiges gilt für die Nachbehaltensfrist. Der BFH entschied in seinem Urteil mit dem Az. II R 20/19 (ex II R 53/15) etwa, dass die Vorschrift des § 6a GrEStG auch für den Fall der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen zur Anwendung kommt. Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen muss das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mindestens 95 % an der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist). Die Frist von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) muss in Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft jedoch nicht eingehalten werden, weil sie aufgrund der Verschmelzung nicht eingehalten werden kann.
Nach Ansicht des BFH ist es demnach grundsätzlich unerheblich, ob es sich um eine Verschmelzung, Spaltung bzw. Ausgliederung handelt. Der BFH hatte über folgende Konstellationen entschieden:
- Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen (Az. II R 20/19 und II R 18/19);
- Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen als natürliche Person (Az. II R 15/19);
- Verschmelzung einer von einem herrschenden Unternehmen abhängigen Gesellschaft auf eine andere abhängige Gesellschaft (Az. II R 17/19);
- Ausgliederung aus einem herrschenden Unternehmen auf eine neu entstehende abhängige Gesellschaft als Ausgliederung zur Neugründung (Az. II R 16/19);
Abspaltung aus einer anderen abhängigen Gesellschaft auf eine neu entstehende abhängige Gesellschaft als Abspaltung zur Neugründung (Az. II R 21/19).
Weiterhin führt der BFH in seinem Urteil vom 21. August 2019, (Az. II R 19/19 [ex II R 63/14] an, dass der Begriff des „Unternehmens“ nicht, wie von der Finanzverwaltung angenommen, mit der Unternehmensdefinition des UStG identisch ist, sondern alle Rechtsformen umfasst. Dies schließt beispielsweise auch Stiftungen ein, die kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind.
Mit Blick auf die geplanten Verschärfungen im Bereich der Grunderwerbsteuer (s. News vom 3. September 2019) ist dies ein positives Signal der Rechtsprechung an die Steuerpflichtigen.
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