In einem im Januar 2018 veröffentlichten BGH-Urteil (19.12.2017, II ZR 88/16) verwirft der II. Senat die bisher zugrunde gelegte „Bugwellentheorie“. Die Rechtsprechung des BGH konnte bisher so interpretiert werden, dass eine vorhandene Liquiditätslücke dann nicht zu einer die Insolvenzantragspflicht auslösenden Zahlungsunfähigkeit führt, wenn in den folgenden drei Wochen ausreichende Zahlungen eingehen. Künftige Zahlungsausgänge (sog. Passiva II) sind bei dieser Interpretation nicht maßgeblich (sogenannte „Bugwelle“).
Neben der Ablehnung der „Bugwellentheorie“ hat der BGH deutlich gemacht, in welchem Umfang ein Geschäftsführer nachweisen muss, dass einzelne Verbindlichkeiten zum maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund von Stundung nicht zu berücksichtigen, noch nicht fällig oder nicht ernsthaft eingefordert waren. Die Entscheidung enthält schließlich auch noch einen Hinweis, wann kurzfristig aktivierbare Forderungen einbezogen werden dürfen.
Mit dem zitierten Urteil folgt der BGH dem IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11), in dem bereits vor der Anpassung der Rechtsprechung eine strengere Auffassung vertreten worden war, wonach eine Zahlungsunfähigkeit nur dann nicht vorliegt, wenn eine vorhandene Deckungslücke unter Berücksichtigung der künftigen Ein- und Auszahlungen innerhalb von drei Wochen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit beseitigt wird.
Was haben Geschäftsführer nach dem Urteil zu beachten?
Der beschriebene und seit langem bestehende Streitpunkt bei der Prüfung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit und damit bei der Beurteilung der Insolvenzverschleppungshaftung von Geschäftsführern scheint nunmehr zu Lasten von Geschäftsführern geklärt zu sein. Das Ergebnis zwingt zu einer noch gewissenhafteren Prüfung einer möglichen Zahlungsunfähigkeit und führt regelmäßig zu einer früher notwendigen Stellung von Insolvenzanträgen.
Die permanente Prüfung der Zahlungs(un)fähigkeit ist – eine gerade in der Krisenzeit – essentiell wichtige Aufgabe des Geschäftsführers. Hierbei sind regelmäßig ein Finanzstatus und eine Finanzplanung für einen Zeitraum von mindestens drei Wochen zu erstellen und permanent fortzuschreiben.
Sehr gern unterstützen wir Sie bei der Aufstellung und Fortschreibung eines Finanzstatus und einer Finanzplanung. Sprechen Sie uns einfach an.