Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben den Anwendungserlass zur AO (AEAO) (BMF, Schreiben v. 23.5.2016 - IV A 3 - S 0324/15/10001) um eine Regelung zu § 153 AO ergänzt.
Darin werden
- die Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht (§ 153 AO) von einer Selbstanzeige (§ 371, § 378 Absatz 3 AO),
- der Umfang der Anzeige- und Berichtigungspflicht,
- die zur Anzeige und Berichtigung verpflichteten Personen sowie
- der Zeitpunkt der Anzeige und Berichtigung
erläutert und benannt.
In dem neuen Anwendungserlass nimmt die Finanzverwaltung zur Abgrenzung der Berichtigungsanzeige von der Selbstanzeige Stellung. Dabei wird erstmals der Begriff eines „inner-betrieblichen Kontrollsystems“ für steuerliche Zwecke aufgegriffen.
Die Unternehmen sind gesetzlich zur rechtzeitigen Abgabe von vollständigen und richtigen Steuererklärungen verpflichtet. Trotz größter Sorgfalt kann es bei der Abgabe von Erklärungen bzw. Anmeldungen zu Fehlern kommen. Soweit die Unternehmen Fehler in ihren Steuererklärungen berichtigen, stellt sich die Frage, ob dies eine einfache Berichtigungsanzeige (§ 153 AO) oder eine Selbstanzeige (§§ 371, 378 Abs. 3 AO) darstellt. Seit der Verschärfung der Selbstanzeigeregelung in den Jahren 2011 und 2015 ist diese Frage für die Unternehmenspraxis von großer Bedeutung.
Mit dem neuen Anwendungserlass zu § 153 AO will das BMF nun der Praxis eine Hilfe an die Hand geben, wie eine Berichtigung von einer Selbstanzeige abzugrenzen ist. Das BMF führt hierzu aus: „Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.“
Derzeit ist eine Arbeitsgruppe des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) in Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung damit beschäftigt, auf der Grundlage des bereits bestehenden IDW Prüfungsstandards 980 (PS 980 „Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance Management Systemen“) Eckpunkte für Steuerliche Compliance Management Systeme (CMS) zu entwickeln. Damit steht ein Rahmenwerk für das geforderte steuerliche innerbetriebliche Kontrollsystem zur Verfügung.
Der Nachweis eines angemessenen eingerichteten Tax CMS wird dafür sorgen, dass sowohl materiell-rechtliche Risiken in Detailprüfungen als auch straf- und bußgeldrechtliche Risiken bei der Berichtigung von Steuererklärungen reduziert werden. Die Einrichtung eines Steuerlichen Compliance Management Systems nach dem IDW PS 980 dient also dem effektiven Schutz vor steuerstrafrechtlichen Risiken.
Neben der Dokumentation und Prüfung eines Tax CMS und dessen laufender Weiterentwicklung und Verbesserung wird es für Unternehmen zunehmend bedeutsam, im Verhältnis zur Finanzverwaltung einen „positiven track record“ zu etablieren. Dem Unternehmen muss es also nachweislich gelingen, durch Prozessverbesserungen Anzahl und Umfang steuerlicher Korrekturen kontinuierlich deutlich zu reduzieren. International ist es in der Besteuerungspraxis einiger Länder bereits üblich, Unternehmen in Risikokategorien einzuordnen und die Prüfungshäufigkeit und -intensität an der Qualität der internen Prozesse auszurichten. Entsprechende Ansätze sind auch bei der deutschen Finanzverwaltung erkennbar.
Unternehmen mit einem hochwertigen und geprüften Tax CMS können in Zukunft darauf hoffen, doppelt zu profitieren – von geringen steuerlichen Risiken und einer zeitnahen und schlanken Betriebsprüfung.