Das Bundesverfassungsgericht hat im Mai 2017 seine bereits lange erwartete Entscheidung zum Verlustuntergang beim schädlichen Anteilserwerb (§ 8c KStG) veröffentlicht (2 BvL 6/11). Das BVerfG sieht die Regelung des § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 25 Prozent und bis zu 50 Prozent der Anteile) als mit dem Grundgesetz unvereinbar an.
Mit der Vorschrift des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG gehen bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ungenutzte Verluste anteilig unter. Das BVerfG sieht in der damit gegebenen unterschiedlichen Behandlung im Vergleich zu Kapitalgesellschaften, bei denen kein schädlicher Anteilserwerb stattgefunden hat, keinen sachlich einleuchtenden Grund und damit keine Rechtfertigung für die Schlechterstellung. Aus seiner Sicht wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die bloße Anteilsübertragung nicht verändert.
Der konkrete Fall betraf die Fassung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG i.d.F. des UntStRefG 2008; mit den gleichen Gründen bejaht das BVerfG aber auch die Verfassungswidrigkeit der nach-folgenden Fassung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG vor Einführung des § 8d KStG.
Das BVerfG gibt daher dem Gesetzgeber auf, bis zum 31.12.2018 rückwirkend für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2015 den festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen und den Verlustabzug für Kapitalgesellschaften bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 Prozent und bis zu 50 Prozent neu zu regeln. Sollte der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommen, tritt am 01.01.2019 im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit rück-wirkend die Nichtigkeit von § 8c Satz 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) ein (in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung).
Ausdrücklich nicht geäußert hat sich das BVerfG allerdings zu der Frage, ob 8c Abs. 1 Satz 1 KStG auch für Zeiträume ab 2016 verfassungswidrig ist, in denen die Regelung des § 8d KStG die Möglichkeit zur Bildung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags bietet. Es bedürfe einer gesonderten Betrachtung, ob durch die Einführung von § 8d KStG der Anwendungsbereich von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG in einer Weise reduziert worden ist, dass die Norm nun-mehr den Anforderungen von Art. 3 GG genügen kann.
Inwieweit die Verlustvorträge von Kapitalgesellschaften, die bisher als untergegangen behandelt wurden, letztendlich erhalten bleiben, ist von der Reaktion des Gesetzgebers in der ihm eingeräumten Umsetzungsfrist bis zum 31.12.2018 abhängig. Jedoch sollten entsprechende Verlustfeststellungsbescheide, in denen Verluste aufgrund eines schädlichen Beteiligungserwerbs von mehr als 25% und bis zu 50% in der Zeit bis zum 31.12.2015 nicht anerkannt wurden, offengehalten werden.