Der EuGH äußerte sich im Mai 2018 zu mehreren Vorlagefragen des BFH zum Vorsteuerabzug aus Anzahlungen. Er folgt dabei den Schlussanträgen des Generalanwalts, was zu positiven Nachrichten für betroffene Steuerpflichtige führt, die Anzahlungen geleistet haben. In einem Urteil vom März 2018 liefert der BFH Argumente, wie der Vorsteuerabzug verteidigt werden kann, der Leistungszeitpunkt kann sich demnach auch aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben.
Durch zwei Beschlüsse aus dem Dezember 2016 fragte der BFH, ob der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung ausscheidet, wenn der Eintritt des Steuertatbestands zum Zeitpunkt der Anzahlung unsicher ist. Konkret stand in der Kernfrage zu entscheiden, ob dies nach der objektiven Sachlage oder aus der objektivierten Sicht des Anzahlenden zu beurteilen ist.
Der EuGH schließt sich in seinem Urteil vom 31.05.2018 (C‑660/16 und C‑661/16) den Schlussanträgen des Generalanwalts Wahl an, der die Meinung vertrat, dass der Vorsteuerabzug auf Anzahlungen grundsätzlich nicht verweigert werden dürfte, wenn der Unternehmer von der Absicht des Lieferers, den Vertrag nicht zu erfüllen, nichts wusste und nichts wissen konnte. Weiter legte der BFH dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob das Finanzamt dem Anzahlenden ggf. selbst dann die Vorsteuer erstatten muss, wenn dieser vom Anzahlungsempfänger die Anzahlung nicht zurückerhalten kann. Laut EuGH können nationale Regelungen vorsehen, dass eine Berichtigung der Vorsteuer aus einer geleisteten Anzahlung erst vorzunehmen ist, wenn die Anzahlung an den Lieferer zurückgezahlt wurde. Nach Ansicht des Gerichts wäre es offenkundig unangemessen, in diesen Fällen die Erwerber zu verpflichten, diese Abzüge zu berichtigen und anschließend von den Steuerbehörden die Erstattung der auf die fraglichen Anzahlungen entrichteten Mehrwertsteuer einzuklagen. Mit diesem Urteil hat der EuGH frühere Entscheidungen konkretisiert und nunmehr festgestellt, dass eine zwingende Korrektur der Vorsteuer im Falle einer ausbleibenden Lieferung zumindest im Fall des gutgläubigen Erwerbers unterbleibt.
In seinem Urteil vom 01.03.2018 (V R 18/17) äußert sich der BFH zu den grundsätzlich sehr strengen Anforderungen an die Rechnungsangabe des Leistungszeitpunkts. Die für den Vorsteuerabzug gesetzlich geforderte Angabe über den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung wird bereits durch die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung bereits dahingehend geöffnet, dass bereits der Kalendermonat als Angabe genügt. Im vorliegenden Urteil entschied nun der fünfte BFH-Senat, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Der konkrete Sachverhalt behandelte die Lieferung von PKW. Hier hat der BFH die Rechnungserteilung mit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lieferung als branchenüblich angesehen. Auch ist nach der Rechtsprechung des EuGH (C-516/14, 15.09.2016) die Prüfung des Vorsteuerabzugs nicht nur auf die Rechnung selbst zu beschränken, sondern auch vom Steuerpflichtigen beigebrachte zusätzliche Informationen zu berücksichtigen.
Die hier angesprochenen Urteile schaffen für den Steuerpflichtigen in kritischen Situationen mehr Rechtssicherheit in den zum Teil schwierigen Fragen des Vorsteuerabzugs, dennoch ist davon auszugehen, dass es in diesen Fragen immer wieder zu Diskussionen mit den Betriebsprüfern kommen wird. Die Unternehmen sind hier gut beraten, für kritische Geschäftsvorfälle rechtzeitig ausreichende Dokumentationen zu schaffen. Hierbei unterstützen wir Sie sehr gern.