Am 27.04.2017 hat der Bundestag das „Lizenzschrankengesetz“ durchgewunken, in dem auch die gesetzliche Neuregelung zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen enthalten ist. Mit der erforderlichen Zustimmung des Bundesrats wird am 02.06.2017 gerechnet.
Die Neuregelung ist in einem neuen § 3a EStG enthalten. Dieser stellt in Abs. 1 Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung (Sanierungsertrag) grundsätzlich steuerfrei. Um die Steuerbefreiung auf das erforderliche Maß zu begrenzen, wird sie nur gewährt, wenn der Unternehmer/Mitunternehmer im Sanierungsjahr und im Folgejahr bestehende steuerliche Wahlrechte, vorrangig Teilwertabschreibungen, steuermindernd ausübt (§ 3a Abs. 1 Satz 2 EStG). Das vom Bundesrat vorgesehene Antragserfordernis für die Steuerfreistellung wurde vom Bundestag gestrichen.
In Anlehnung an die bisherige Verwaltungspraxis sind gemäß § 3a Abs. 2 EStG die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Eignung des Schuldenerlasses als Sanierungsmaßnahme und die Sanierungsabsicht der Gläubiger Bedingungen für die Gewährung der Steuerbefreiung. Es müssen zudem betriebliche Gründe für den Forderungsverzicht vorliegen.
Um im Fall vorhandener Verlustvorträge eine steuerliche Doppelbegünstigung zu verhindern, wird in § 3a Abs. 3 Satz 2 EStG eine verpflichtende Verlustverbrauchsreihenfolge normiert. Diese zielt darauf ab, Verlustverrechnungspotenziale aus den Vorjahren sowie dem Sanierungsjahr und dem darauffolgenden Jahr mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen. Zuerst werden danach die direkt dem zu sanierenden Unternehmen zugerechneten Verlustverrechnungsvolumina verbraucht, danach die Verlustverrechnungsvolumina der (Mit-)Unternehmer. Dabei erfasst die Regelung umfassend verrechenbare Verluste oder negative Einkünfte aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Auch Zins- bzw. EBITDA-Vorträge nach § 4h EStG (Zinsschranke) müssen mit dem Sanierungsertrag verrechnet werden.
Flankierend zu den einkommensteuerlichen Regelungen und über den Vorschlag des Bundesrats hinaus enthält der Bundestagsbeschluss auch Änderungen im Körperschaftsteuergesetz. Die Missbrauchsvermeidungsvorschrift des § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG wird über § 8 Abs. 8 Satz 6 KStG auf Zusammenschlüsse von Betrieben gewerblicher Art (BgA) ausgeweitet. Bei Sanierungen von zusammengefassten BgA entfallen ggf. vorhandene Verlustvorträge. Im Verhältnis zu § 8c KStG wird klargestellt, dass dieser vorrangig vor § 3a EStG anzuwenden ist (§ 8c Abs. 2 KStG). Dies gilt unabhängig davon, ob ein nach § 8c KStG schädlicher Beteiligungserwerb vor oder nach dem Schuldenerlass stattgefunden hat. Zur Begründung wird angeführt, dass § 3a EStG eine Gesamtjahres-, § 8c KStG hingegen eine Stichtagsbetrachtung zu Grunde liegt. Auch bestehende fortführungsgebundene Verlustvorträge gemäß § 8d KStG sind vorrangig zu mindern (§ 8d Abs. 1 Satz 9 KStG).
Mit einem neu eingeführte § 7b GewStG – Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung – überträgt der Gesetzgeber die Grundsätze der einkommensteuerlichen Normen auf die Gewerbesteuer.
Das Inkrafttreten der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne wird von der beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission abhängig gemacht. Über den Stand des Genehmigungsverfahrens liegen derzeit noch keine Erkenntnisse vor. Gemäß § 52 Abs. 4a EStG bzw. § 36 Abs. 2c GewStG sind die neue Regelungen erstmals auf Fälle anzuwenden, in denen Schul-den ganz oder teilweise nach der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH (GrS 1/15) am 08.02.2017 erlassen wurden. Für ältere Fälle, in denen der Schuldenerlass bis zum Stichtag ausgesprochen oder bis dahin eine verbindliche Auskunft erteilt wurde, ist aus Vertrauensschutzgründen der Sanierungserlass weiterhin anwendbar. Laut Gesetzesbegründung besteht in Fällen mit nicht aufgehobener oder widerrufener verbindlicher Auskunft und Schuldenerlass nach dem 08.02.2017 ein Wahlrecht, die neuen gesetzlichen Regelungen oder den Vertrauensschutz in Anspruch zu nehmen. In der Gesetzesbegründung wird auf ein offenbar geplantes BMF-Schreiben zu den Vertrauensschutzregelungen hingewiesen.