Bisher forderte der BFH in ständiger Rechtsprechung für die steuerwirksame Gewinnrealisierung bei Werkverträgen grundsätzlich die Abnahme durch den Auftraggeber. Von diesem Erfordernis nahm der BFH jedoch für Planungsleistungen einer Ingenieurgesellschaft Mitte 2014 Abstand und bejahte eine Realisierung bereits in dem Zeitpunkt, in dem durch die auftragsgemäße Erbringung der Planungsleistung der Anspruch auf eine Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI (i.d.F. v. 21.09.1995) entstanden ist (BFH-Urteil vom 14.05.2014, VIII R 25/11).
Nachdem die Finanzverwaltung das Urteil Ende 2014 kommentarlos im Bundessteuerblatt veröffentlicht hat, ist man nun bestrebt, die Urteilsgrundsätze auch auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB und damit auf alle Werkverträge zu übertragen (Verfügung des BayLfSt vom 21.05.2015, BMF-Schreiben an die Bundesarchitektenkammer vom 13.05.2015).
Die neuen Grundsätze will die Finanzverwaltung erstmals in dem Wirtschaftsjahr anwenden, das nach dem 23.12.2014 (Datum der Veröffentlichung des Urteils im BStBl.) beginnt. Betroffen wären damit bei kalendergleichen Wirtschaftsjahren erstmals die Jahresabschlüsse zum 31.12.2015. Zur Vermeidung von Härten sind Übergangsregelungen für die Verteilung des aus der Anwendung des Urteils resultierenden Gewinns auf bis zu drei Jahre vorgesehen.
Abzuwarten bleibt, inwieweit die Übertragung der BFH-Urteilsgrundsätze auf alle Abschlagszahlungen nach § 632a BGB mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz vereinbar ist. Diese Frage wird sicher die Finanzgerichte beschäftigen.