Die Bundesregierung hat am 14.09.2016 einen Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften“ beschlossen und damit förmlich in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Mit dem Gesetz soll die steuerliche Verlustverrechnungsnorm bei schädlichen Anteilseignerwechseln bei Körperschaften (§ 8c KStG) um einen neuen § 8d KStG-E erweitert werden. Die Neuregelung soll Unternehmen auf Antrag eine Nutzung der grundsätzlich vom Verlustuntergang nach § 8c KStG betroffenen Verluste ermöglichen, wenn sie den Geschäftsbetrieb nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel fortführen (sog. fortführungsgebundener Verlustvortrag).
Nach dem derzeitigen Zeitplan soll das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Der Gesetzesbeschluss des Bundestages ist für den 02.12.2016 vorgesehen, der Bundesrat soll seine erforderliche Zustimmung am 16.12.2016 erteilen. Das Gesetz soll rückwirkend zum 01.01.2016 in Kraft treten und bereits auf nach dem 31.12.2015 erfolgte schädliche Anteilseignerwechsel i. S. d. § 8c KStG anwendbar sein.
Die Neuregelung des § 8d KStG-E soll Körperschaften die Möglichkeit einräumen, die Nichtanwendung des § 8c KStG zu beantragen, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb weiterführt (antragsgebundener fortführungsgebundenen Verlustvortrag). Damit soll in Fällen, in denen weder die Voraussetzungen der Konzernklausel noch die der Stille-Reserven-Klausel vorliegen, eine neue Möglichkeit der weiteren Nutzung vorhandener Verluste bei schädlichem Anteilseignerwechsel geschaffen werden. Allerdings wird der fortführungsgebundene Verlustvortrag voraussichtlich an eine Reihe von sehr eng gefassten Voraussetzungen geknüpft.
Die Vorschrift des § 8c KStG soll nach einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Antrag nicht anzuwenden sein, wenn die Körperschaft seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem Beginn des dritten dem schädlichen Beteiligungserwerb vorausgehenden Wirtschaftsjahres ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält und diesen fortführt (§ 8d Abs. 1 Satz 1 KStG-E). Laut der Begründung des Regierungsentwurfs ist damit die Verlustnutzung trotz schädlichen Beteiligungserwerbs an das Erfordernis der ununterbrochenen Fortführung ein- und desselben Geschäftsbetriebs in den drei Wirtschaftsjahren vor Antragstellung (bzw. Gründung) und dessen Fortführung nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel geknüpft.
Der im geplanten § 8d KStG-E definierte Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung (§ 8d Abs. 1 Satz 2 KStG-E). Unter qualitativen Merkmalen werden laut gesetzlicher Definition insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer verstanden (§ 8d Abs. 1 Satz 3 KStG-E).
Wird der Geschäftsbetrieb eingestellt, soll es zum Untergang des festgestellten fortführungsgebundenen Verlustvortrags kommen (§ 8d Abs. 2 Satz 1 KStG-E). Der fortführungsgebundene Verlustvortrag soll auch untergehen, wenn der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird, der Geschäftsbetrieb einer anderen Zweckbestimmung zugeführt wird, die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt, die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, die Körperschaft die Stellung eines Organträgers i. S. d § 14 Abs. 1 KStG einnimmt oder auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt (§ 8d Abs. 2 Satz 2 KStG-E).
Die Neuregelung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d Abs. 1 KStG-E soll entsprechend für die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge und Zinsvorträge nach § 4h EStG gelten (§ 10a Satz 10 GewStG-E, § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG-E). Der neue fortführungsgebundene Verlustvortrag soll erstmalig auf schädliche Beteiligungserwerbe i. S. d. § 8c KStG, die nach dem 31.12.2015 erfolgen, anzuwenden sein (§ 34 Abs. 6a KStG-E, § 36 Abs. 2a KStG-E).
Im Gesetzgebungsverfahren sind noch eine Reihe von Anwendungsfragen zu klären, z. B. was konkret unter der Aufnahme eines „zusätzlichen Geschäftsbetriebs“ zu verstehen ist und wie dabei eine klare Abgrenzung zu einer unschädlichen Fortführung des bestehenden Geschäftsbetriebs getroffen werden soll.
Insgesamt ist die Gesetzgebungsinitiative aus Unternehmersicht aber sehr zu begrüßen.