Sofern ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, sich über den Kapitalmarkt zu finanzieren, entscheiden sich vielfach die Gesellschafter, dem Unternehmen ein Darlehen oder andere Finanzierungshilfen zu gewähren. Diese Entscheidung hat vor allem in einer nachfolgenden Insolvenz des Unternehmens unter Umständen weitreichende Folgen.
In der Insolvenz der Gesellschaft werden Gesellschafterdarlehen nicht nur nachrangig befriedigt, was in der Praxis regelmäßig zu einem Totalausfall des Gesellschafters führt. Vielmehr unterliegen Zahlungen und Sicherheiten, welche die Gesellschaft auf das Darlehen geleistet bzw. für dieses gestellt hat, auch einem erheblichen Insolvenzanfechtungsrisiko. Die Vorschriften zur Anfechtung normieren unterschiedlich lange Anfechtungsfristen von bis zu 10 Jahren.
Der Gesellschaftergläubiger hat darüber hinaus weder ein Stimmrecht in der Gläubigerversammlung noch kann er einem dort gefassten Beschluss widersprechen. Sofern ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt wird, gilt seine Zustimmung zu dem Insolvenzplan als erteilt, wenn durch diesen kein anderer Insolvenzgläubiger bessergestellt wird oder er nicht an der Abstimmung über den Insolvenzplan teilnimmt.
§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und der zugehörige Anfechtungstatbestand des § 135 InsO wurden mit Erlass des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) in 2008 grundlegend geändert. Die geänderten Vorschriften lösten die bis dahin geregelte Rechtsfigur des sogenannten „eigenkapitalersetzenden Darlehens" ab und ordneten das Recht der Gesellschafterfinanzierung grundsätzlich neu. Demnach werden die Rechtsfolgen „Nachrang“ und „Insolvenzanfechtung“ grundsätzlich lediglich an die Doppelrolle als Gesellschafter und Kreditgeber geknüpft, unabhängig von der Motivation und der Entscheidungsfindung des Gesellschafters.
„Nachrang“ und „Anfechtung“ drohen Gesellschaftern nicht nur bei einer unmittelbaren Beteiligung am Finanzierungsnehmer. Auch in einem Konzern mittelbar (vertikal oder horizontal) beteiligte Gesellschafter können dem Anwendungsbereich unterfallen, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichstehen.
Der sachliche Anwendungsbereich von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO umfasst neben Darlehensforderungen auch einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen. Somit wirken lt. BFH z. B. Stundungen oder Fälligkeitsabreden, die über die „Unmittelbarkeit“ eines Bargeschäfts hinausgehen, wie eine Kreditierung. Das Kriterium der „Unmittelbarkeit“ bestimmt sich lt. BFH dabei im Einzelfall anhand der Verkehrsüblichkeit der jeweils getroffenen Vereinbarungen und ist somit nur schwer im Vorhinein einzuschätzen.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich ergeben sich bei Gesellschaftern, die zu weniger als 10% am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind und kein (faktischer) Geschäftsführer sind („Kleinbeteiligungsprivileg“). Eine weitere Ausnahme ergibt sich unter bestimmten Voraussetzungen für Gesellschafter, die in der Krise in ihre Gesellschafterstellung eingetreten sind („Sanierungsprivileg“).
Allerdings sollte sich aufgrund der teils ungeklärten Voraussetzungen des Sanierungsprivilegs jeder Investor, der in eine (drohend) zahlungsunfähige oder überschuldete Gesellschaft sowohl Fremd- als auch Eigenkapital investieren möchte, vor der Übernahme bzw. Zeichnung der Anteile umfassend informieren. Diesbezüglich verweisen wir auf unseren Artikel „Das Sanierungsprivileg der Insolvenzordnung bei Anteilserwerben in der Sanierung“.
Bild: Thorben Wengert / pixelio