Mit der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten werden Zeitwertkonten in Unter-nehmen immer beliebter. Das Prinzip ist einfach: Arbeitnehmer verzichten auf die unmittelbare Auszahlung von bestimmten Entgeltbestandteilen und bauen stattdessen ein Wertgut-haben auf, das im Gegenzug eine spätere bezahlte und sozialversicherungspflichtige Freistellung ermöglicht („Sabbatical“). Für die spätere Freistellungsphase passiviert der Arbeitgeber eine entsprechende Rückstellung in Handels- und Steuerbilanz. Die steuerbilanzielle Bewertung bzw. die Frage, ob Rückstellungen für Verpflichtungen speziell aus wertpapiergebundenen Zeitwertkonten abzuzinsen sind, führt in der Betriebsprüfung jedoch immer wieder zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung.
Das Einkommensteuergesetz (EStG) sieht steuerlich eine Abzinsung nur bei Verpflichtungen vor, die unverzinslich sind oder nicht auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. Nach Ansicht der Betriebsprüfer liegen die Voraussetzungen für eine Abzinsungspflicht in Bezug auf wertpapiergebundene Zeitwertkonten regelmäßig vor. Hiergegen haben führende Wirtschaftsverbände eingewandt, dass es sich bei der überwiegenden Zahl der Wertkonten um eine klassische Vorfinanzierung des Arbeitnehmers handele. Während dieser seine Arbeitsleistung bereits im Voraus erbringe, leiste der Arbeitgeber die Auszahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt der Auflösung des Guthabens. Die Abzinsung einer solchen Vorausleistung des Arbeitnehmers widerspreche dem Abzinsungsverbot des EStG. Zudem erscheine es unpassend, bei wertpapiergebundenen Zeitwertkonten ohne feste Mindestverzinsung zu unterstellen, dass die Verpflichtungen nicht verzinslich seien. So geben Arbeitgeber üblicher-weise sämtliche Vorteile (Verzinsung) aus der Kapitalanlage an ihre Arbeitnehmer weiter.
Vor diesem Hintergrund hat die Finanzverwaltung kürzlich die Bilanzierung dieser Rückstellung auf Bund-Länder-Ebene erörtert. Dabei hat sie insbesondere entschieden, dass Verpflichtungen aus Zeitwertkonten nicht abzuzinsen sind, wenn die Zeitwertkonten unter Ausschluss der Rückführung durch einen Dritten geführt werden. Diese Rechtsauffassung hat das BMF mit Schreiben vom 12.01.2016 als Antwort auf eine Verbandsanfrage vertreten. In Betriebsprüfungen hatten Vertreter der Finanzverwaltung zuvor teilweise eine Abzinsung gefordert, obwohl die Teilhabe des Arbeitnehmers an Wertsteigerungen aus wertpapiergebundenen Zeitwertkonten im wirtschaftlichen Ergebnis als Verzinsung angesehen werden kann und damit die Voraussetzungen der Rückausnahme von der Pflicht zur Abzinsung gemäß EStG vorliegen.
Das BMF kündigt in seiner Antwort vom 12.01.2016 an die Verbände ein noch zu erarbeitendes BMF-Schreiben an, durch das Rechtssicherheit zur Verwaltungsauffassung in diesem Bereich geschaffen werden soll. Dieses BMF-Schreiben wird für die zweite Jahreshälfte 2016 erwartet.