Aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind immer dann zu bilden, wenn Ausgaben vor dem Abschlussstichtag Aufwand für eine bestimmte Zeit danach darstellen (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung besteht ein abschließendes Aktivierungsgebot, der Steuerpflichtige hat insoweit kein Wahlrecht. In der Praxis gestaltet sich die korrekte Bilanzierung in diesem Bereich in der Regel sehr aufwändig, während sich die Aussagekraft der Finanzunterlagen hierdurch nur marginal ändert.
Neben dem Handelsgesetzbuch verzichtet auch das Einkommensteuerrecht in bestimmten Fällen auf einen periodengerechten Ausweis. So erlaubt z. B. § 6 Abs. 2 EStG die Sofortabsetzung von geringwertigen Wirtschaftsgütern bis zu einer bestimmten Wertgrenze (aktuell 800 EUR pro Wirtschaftsgut).
Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Wertungen gab das Finanzgericht einem Kläger Recht, dem das Finanzamt im Anschluss eine Betriebsprüfung unter anderem den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und damit den Gewinn erhöht hatte. Der Kläger hatte die streitigen Betriebsausgaben als sofort abzugsfähigen Aufwand verbucht. Der BFH wies in seinem Urteil vom 18.03.2010 (X R 20/09) darauf hin, dass der periodengerechte Ansatz von Aufwand im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Buchführung nicht übertrieben werden dürfe. Aus gutem Grund würden die Bilanzierungsgrundsätze der Vollständigkeit und Wahrheit durch den Grundsatz der Wesentlichkeit eingeschränkt. Ein Fall von geringer Bedeutung sei durch die Grenze des § 6 Abs. 2 EStG bestimmt. Denn mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er bei geringwertigen Wirtschaftsgütern auf einen periodengerechten Ausweis verzichte und eine Sofortabschreibung für angemessen halte. Diese gesetzgeberische Einschätzung sei zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten zu übertragen. Zum Zeitpunkt des Urteils lag die Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter noch bei 410 EUR.
In einer neueren Entscheidung vom 02.03.2018 (Aktenzeichen 5 K 548/17) hat das FG Baden-Württemberg klargestellt, dass auf die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens verzichtet werden kann, wenn der Wert des einzelnen Rechnungsabgrenzungspostens die (aktuell geltende) Grenze für die Sofortabschreibung geringfügiger Wirtschaftsgüter bezogen auf den einzelnen Posten nicht übersteigt.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hatte das Finanzgericht sogar die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Da die Finanzverwaltung nichts von der Geringfügigkeitsgrenze für Rechnungsabgrenzungsposten hält, hat sie auch prompt Revision eingelegt. Diese wurde jedoch mit Beschluss des BFH als nicht zulässig verworfen (Aktenzeichen X R 14/18).
Die erstinstanzliche Entscheidung des FG Baden-Württemberg ist somit rechtskräftig. Grundsätzlich kann man somit auf die Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten unterhalb der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (aktuell 800 EUR) mit Verweis auf das genannte Musterurteil verzichten.
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