Hat ein Gläubiger von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit seines Kunden oder sonstigen Vertragspartners Kenntnis, muss er gemäß § 133 InsO unter Umständen vereinnahmte Zahlungen oder sonstige Leistungen (etwa Sicherheiten) noch bis zu zehn Jahre rückwirkend an den Insolvenzverwalter des Schuldners zurückzahlen bzw. freigeben und erhält dafür im Gegenzug nur noch die Insolvenzquote.
Für den Gläubiger ist es daher wichtig, im Zweifel keine Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit zu besitzen. Eine solche wird aber bereits vermutet, wenn der Gläubiger entsprechende - auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners aufgrund finanzieller Schwierigkeiten hindeutende - Anzeichen hätte erkennen müssen.
Die Rechtsprechung zu den ausschlaggebenden Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit ist viel-fältig. Mit Urteil vom 25.02.2016 (IX ZR 109/15) hat der BGH etwa entschieden, dass der Gläubiger Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit habe, wenn der Schuldner einer erheblichen Forderung monatelang auf Rechnungen und Mahnungen schweigt und nach Erwirken eines Mahnbescheids die ratenweise Zahlung anbietet. Am 30.04.2015 (IX ZR 149/14) hatte der BHG entschieden, dass der Gläubiger dagegen noch nicht auf eine Zahlungseinstellung schließen muss, wenn die Forderung relativ geringfügig ist und der Schuldner erst nach mehr-fachen Mahnungen und dann auch nur mit geringen Raten zahlt. Gemäß BGH-Urteil vom 12.02.2015 (IX ZR 180/12) ist bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nur noch eine solche Leistung an den Gläubiger zulässig, die Zug um Zug gegen eine zur Fortführung des Schuldner-Unternehmens unentbehrliche, gleichwertige und den Gläubigern im Allgemeinen nutzende Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners erbracht wird. Mit Urteil vom 14.06.2016 (IX ZR 23/15) hat der BFH weiter entschieden, dass ein Gläubiger im Falle einer Ankündigung des Schuldners, dass dieser seine in den Vormonaten deutlich angewachsenen fälligen Verbindlichkeiten im Falle des Zuflusses neuer Mittel nur durch eine Einmalzahlung und 20 folgende Monatsraten begleichen kann, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners offenbart bekommt.
Obgleich der Wortlaut des Gesetzes sowohl auf Seiten des Schuldners (Vorsatz) als auch auf Seiten des späteren Anfechtungsgegners (Kenntnis) auf subjektive Tatbestandsmerkmale abstellt, ist die Gerichtspraxis regelmäßig nicht dadurch gekennzeichnet, dass umfangreiche Anhörungen des Schuldners und der sonstigen an der Rechtshandlung beteiligten Personen stattfinden, um deren Vorsatz oder Kenntnis zu erforschen. Stattdessen stellen die Gerichte auf leichter festzustellende objektive Kriterien ab, die als Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis hiervon herangezogen werden. In vielen Verfahren reduziert sich daher der Streit selbst bei der Anfechtung sog. kongruenter Deckungen im Wesentlichen auf die Frage, ob der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bereits drohend zahlungsunfähig war. Auch dies wird oftmals nicht anhand konkreter Liquiditätsbetrachtungen geprüft, sondern anhand bestimmter Indizien festgestellt, z.B. Stundungsbitten des Schuldners, Ratenzahlungsvereinbarungen, Lastschriftrückgaben, Wechsel-/Scheckproteste, Pfändungen, Arreste, Insolvenzanträge Dritter oder auch nur das Bestehen von Altforderungen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung.
Der Gesetzgeber hat die Problematik der sogenannten Vorsatzanfechtung erkannt; bereits am 16.03.2015 hat das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf zur Reform des § 133 InsO vorgelegt, mit dem zugunsten höherer Rechtssicherheit insbesondere gesetzliche Klarstellungen und Einschränkungen der Anfechtungsmöglichkeit und eine Verkürzung des Zehnjahres-Zeitraums umgesetzt werden sollen. Diesbezüglich liegt mittlerweile ein Regierungsentwurf für ein „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“ vom 16.12.2015 vor.