Zur Anwendung der geänderten Vorschriften des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts haben die obersten Finanzbehörden der Länder am 22.06.2017 einen koordinierten Ländererlass verabschiedet. Aufgrund der abweichenden Haltung Bayerns zu einigen Erlassregelungen konnte jedoch kein „gleichlautender“ Erlass verabschiedet werden.
Der Ländererlass kommentiert auf insgesamt 90 Seiten die §§ 13a-13c, 28 und 28a ErbStG – insoweit sind die ErbStR 2011 überholt und für Erwerbe nach dem 30.06.2016 nicht mehr anwendbar. Für alle anderen Paragraphen des ErbStG sowie für das BewG bleiben vorerst die ErbStR 2011 relevant. Inhaltlich enthält der Erlass u.a. Ausführungen zum Ablauf des Verwaltungsvermögenstests im neuen Recht, zum Aufbau der Verbundvermögensaufstellung und zur Verschonungsbedarfsprüfung.
Da die Neuregelungen durch die Reform bereits für Erwerbe mit einer Steuerentstehung nach dem 30.06.2016 gelten, war für Steuerpflichtige und deren Berater lange Zeit unklar, wie die Finanzverwaltung die geänderten Bestimmungen auslegt. Dass Bayern die Regelungen eventuell weniger streng auslegen könnte, muss das Bundesfinanzministerium hinnehmen, denn die Erbschaftsteuer ist weder Bundes- noch Gemeinschaftssteuer; sie wird von den Ländern eingezogen. Um einen Kompromiss zur erbschaftsteuerlichen Behandlung von Fir-menerben war bereits seit Herbst 2016 gerungen worden. Die neuen Regelungen traten be-reits rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft, der Anwendungserlass wurde wegen des Dissenses mit Bayern erst jetzt verabschiedet.
Hier ein Überblick über die wesentlichen Inhalte, insbesondere bei praxisrelevanten Abweichungen von der herrschenden Meinung:
- 26- und 90-Mio.-EUR-Grenze (§§ 13a Abs. 1, 13c Abs. 1): Bei der Prüfung sind auch Er-werbe begünstigten Vermögens vor dem 01.07.2016 einzubeziehen; Erwerber begünstigten Vermögens in den Jahren 2006-2016 können das Abschmelzungsmodell ggf. nicht oder nur eingeschränkt nutzen.
- Vorwegabschlag (§ 13a Abs. 9): Die höchste Abfindungsregelung im Gesellschaftsvertrag ist maßgebend. Die (anteilige) Steuer auf Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen fällt unter die 37,5%-Begrenzung.
- 90%-Grenze (§ 13b Abs. 2 S. 2): Finanzmittel sind vor Abzug der Schulden und des 15%igen Freibetrags anzusetzen; lediglich konzerninterne Forderungen dürfen mit entsprechenden Verbindlichkeiten verrechnet werden.
- Reinvestitionsklausel (§ 13b Abs. 5): Genaue Angaben zum zu veräußernden Verwaltungsvermögen sind nicht nötig, nur die geplante Anschaffung muss konkret bezeichnet werden; ein Investitionsplan der Geschäftsführung kann u.U. dem Erblasser als sein eigener Plan zugerechnet werden.
- Junges Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 S. 2): Unverändert auch im Falle eines Aktivtausches anzunehmen. Im Konzern ausdrücklich auch bei konzerninternen Umschichtungen möglich; Prüfung / Feststellung auf allen Beteiligungsstufen und Aufsummierung bis zur obersten Ebene.
- Junge Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2): Kappung auf den Bestand der Finanzmittel, im Konzern allerdings nicht auf Ebene einer jeden Gesellschaft, sondern erst auf den Gesamtbetrag der Finanzmittel im Konzern. Junge Finanzmittel können auch durch konzerninterne Einlagen entstehen; Prüfung / Feststellung auf allen Beteiligungsstufen und Aufsummierung bis zur obersten Ebene.
- Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a): Zum verfügbaren Vermögen zählt auch nicht steuerbares oder steuerfreies Vermögen. Die ErbSt sowie die ESt/GrESt im Falle der Veräußerung sind nicht abzugsfähig.