An einer GmbH waren die Klägerin und der Beklagte jeweils zu 50 % beteiligt. Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern sollte das Joint Venture durch Verkauf der von der Beklagten gehaltenen Geschäftsanteile an die Klägerin beendet werden. Zur Bestimmung des Kaufpreises beauftragte die Klägerin eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welche der GmbH einen Wert von ca. EUR 8 Mio. bescheinigte.
Dementsprechend verkaufte und übertrug die Beklagte ihre 50%-Beteiligung für ca. EUR 4 Mio. an die Klägerin.
Der Kaufvertrag enthielt übliche Garantien; gesetzliche Gewährleistungsansprüche wurden – sofern gesetzlich zulässig – vertraglich ausgeschlossen. In der Folgezeit stellte die Klägerin fest, dass die GmbH überschuldet und insolvenzreif und die gekauften Geschäftsanteile der Beklagten faktisch wertlos waren. Die Klägerin verlangte von der Beklagten Rückzahlung des gesamten Kaufpreises. Sie stützte ihre Klage auf Ansprüche auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage sowie hilfsweise auf Gewährleistungsansprüche.
Die Klage hatte vor dem LG und OLG keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil der Vorinstanz in einem Urteil vom 26.09.2018 (VIII ZR 187/17) aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen. Der BGH stellte im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung klar, dass der Kauf von Geschäftsanteilen an einer GmbH in Höhe von lediglich 50 % nicht als Kauf einer Sache (Unternehmen), sondern allein als Rechtskauf zu bewerten ist. Der Umstand, dass ein Käufer aufgrund des Kaufs alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft wird, ändert an dieser Beurteilung nichts.
Des Weiteren hat der BGH die Frage, ob die Überschuldung einer GmbH – auch wenn existenzgefährdend – einen Rechtsmangel darstellt, ausdrücklich verneint. Er begründet die Ablehnung damit, dass sich die Überschuldung nur auf die Gesellschaft bezieht und nicht den rechtlichen Bestand der gekauften Geschäftsanteile berührt. Stimmrechte und Gewinnansprüche bestünden ungeachtet einer Insolvenzreife fort.
Auch begründet der BGH die Ablehnung einer Rechtsmängelhaftung damit, dass für eine solche keine praktische Notwendigkeit besteht. Den Parteien eines Geschäftsanteilskaufvertrags stehe es frei, sich durch Garantieabreden abzusichern – was in der Praxis auch geschieht.
Nach Auffassung des BGH kommen bei Überschuldung oder Insolvenzreife einer GmbH Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht, sofern u. a. beide Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages irrtümlich von der Solvenz der Gesellschaft ausgegangen sind. Zur Feststellung eines etwaigen Anspruchs wegen Störung der Geschäftsgrundlage verweist der BGH an das Berufungsgericht zurück und weist darauf hin, dass ein vertraglicher Ausschluss gesetzlicher Gewährleistungsansprüche nicht in jedem Fall auch Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall der Geschäftsanteilskaufvertrag keine Regelung darüber trifft, in wessen Risikobereich die Störung der Geschäftsgrundlage – hier die wirtschaftliche Lage der GmbH – fällt.
Der BGH hat in seinem Urteil nochmals klargestellt, dass er an seiner bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Abgrenzung von Sach- und Rechtskauf festhält. Es gilt auch für die Zukunft in jedem Unternehmenskaufvertrag die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Mängelhaftung möglichst detailliert zu regeln. Die im vertraglich definierten Garantiefall durchzuführende konkrete Schadensbemessung sowie die vom Verkäufer zu erbringenden Leistungen sind vertraglich zu fixieren.
Da Ansprüche aus § 313 BGB vertraglich nicht vollständig ausgeschlossen werden können, sollte beim Unternehmenskaufvertrag auf eine umfassende und abschließende vertragliche Risikoverteilung geachtet werden. Ist z. B. die Risikoverteilung im Falle einer Bilanzabweichung vertraglich geregelt, bleibt für die Anwendbarkeit des § 313 BGB kein Raum.
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