Der EuGH hat drei interessante Entscheidungen zum Thema der umsatzsteuerlichen Organschaft getroffen. Durch das Urteil vom 16.07.2015 (C-108/14 und C-109/14) entschied der EuGH gleich zu drei umsatzsteuerlichen Themen, die insbesondere für Konzerne und sonstige Unternehmensgruppen große Bedeutung haben. Allerdings wird es noch darauf ankommen, was der BFH in seiner Anschlussentscheidung aus den Vorgaben des EuGH macht.
Bedeutend ist die Entscheidung zum Ersten insoweit, als der EuGH klarstellt, dass auch Personengesellschaften wie KG, OHG oder GbR durchaus Organgesellschaften einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein können. Gemäß § 2 UStG in seiner jetzigen Fassung und Auslegung ist dies nur für Körperschaften wie z. B. GmbH oder AG möglich. Weder streitig noch Gegen-stand des Verfahrens ist dagegen, dass Personengesellschaften Organträgerinnen sein können. Insofern verstößt die nationale Begrenzung gemäß § 2 UStG auf Körperschaften als Organgesellschaften gegen die EU-Richtlinie. Allerdings entschied der EuGH, dass aus dem Verstoß nicht folgt, dass sich Steuerpflichtige direkt auf die Richtlinie berufen und diese direkt anwenden können. Somit sind das Folgeurteil des BFH und die Reaktionen der Finanzverwaltung und ggf. des Gesetzgebers abzuwarten. Steuerpflichtige, die keinen Bedarf oder kein Interesse an einer umsatzsteuerlichen Änderung ihrer verbundenen Gesellschaften haben, werden künftig prüfen müssen, ob eine bisher auf Einzelbasis veranlagte Personengesellschaft nun durch die dann geänderte Rechtsprechung künftig als Organgesellschaft Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft wird.
Zum Zweiten hat der EuGH entschieden, dass die Eingliederungsvoraussetzungen für eine umsatzsteuerliche Organschaft – die finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung – im deutschen Recht zu strikt gehandhabt werden. Auch diesbezüglich wird der BFH allerdings in seinem Anschlussurteil diese Vorgabe des EuGH näher auskleiden müssen. Im Ergebnis kündigt sich aber auch hier Handlungsbedarf an. Denn ausgehend von der kommen-den Entscheidung des BFH werden die Grenzen von Organschaften neu zu ziehen sein. Bisher alleinstehende Gesellschaften können somit künftig „automatisch“ zu Organgesellschaften werden, wenn und weil sich die Anforderungen an ihre Eingliederung verringern.
Drittens entschied der EuGH zu dem Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding. Diese unterscheidet sich von einer „regulären“ Holding dadurch, dass sie für die von ihr gehaltenen Gesellschaften Tätigkeiten – zumeist geschäftsleitende und administrative Aufgaben – über-nimmt. Der EuGH hat für Führungsholdings nun geklärt, dass sie grundsätzlich zum vollständigen Vorsteuerabzug berechtigt sind (sofern die Führungsholding keine umsatzsteuerfreien Leistungen erbringt). Eine Vorsteueraufteilung und (nur) teilweiser Vorsteuerabzug kommt demgegenüber (nur) dann in Betracht, falls die Führungsholding zugleich auch eine „reguläre“ Holding ist (dabei wiederum vorausgesetzt, dass die Holding in ihrem Führungsbereich keine umsatzsteuerfreien Leistungen erbringt).
Denn dann zerfällt die Holding in einen unternehmerischen und einen nicht-unternehmerischen Bereich, für den kein Vorsteuerabzug möglich ist.