Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 16.03.2015 einen „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“ veröffentlicht.
Im Rahmen der Insolvenzanfechtung bietet insbesondere die sog. Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) mit einem Anfechtungszeitraum von bis zu zehn Jahren dem Verwalter eine Vielzahl von Angriffspunkten gegen mögliche Anfechtungsgegner.
Anfechtbar ist nach der gesetzlichen Regelung eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO schon dann vermutet, wenn der spätere Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Wortlaut des Gesetzes stellt auf subjektive Tatbestandsmerkmale ab: Vorsatz auf Seiten des Schuldners und Kenntnis auf Seiten des späteren Anfechtungsgegners. In der Praxis der Gerichtsbarkeit wird oftmals auf leichter festzustellende objektive Kriterien abgestellt, die als Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis hiervon herangezogen werden. In vielen Verfahren reduziert sich daher der Streit selbst bei der Anfechtung sog. kongruenter Deckungen im Wesentlichen auf die Frage, ob der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bereits drohend zahlungsunfähig war. Dies wird oftmals nicht anhand konkreter Liquiditätsbetrachtungen geprüft, sondern anhand bestimmter Indizien festgestellt.
Die aktuelle Rechtslage verbunden mit der der durch die starke Kasuistik und den langen Anfechtungszeitraum hervorgerufenen Rechtsunsicherheit wird schon seit geraumer Zeit kritisiert. Mit den im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderungen soll durch punktuelle Neujustierung ein angemessener Ausgleich zwischen den Insolvenzgläubigern und denjenigen geschaffen werden, gegen die sich die insolvenzanfechtungsrechtlichen Ansprüche richten. Die Praxis der Vorsatzanfechtung soll für den Geschäftsverkehr insgesamt kalkulier- und planbarer werden. Die wesentlichen Inhalte des Entwurfs lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Verkürzung des Anfechtungszeitraums von zehn Jahren auf vier Jahre, wenn die angefochtene Rechtshandlung dem Anfechtungsgegner eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat
- Gestiegene Anforderungen bei der Anfechtung von: Zahlungen nach einer den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs entsprechenden Bitte des Schuldners um Zahlungserleichterungen, Ratenzahlungen im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, kongruenten Deckungen sowie Bargeschäften
- Verzinsungspflicht des Anfechtungsgegners erst ab Verzug, nicht bereits ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Die vorgeschlagene Neuregelung lässt die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt, differenziert aber zwischen Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) einerseits und sonstigen Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen andererseits. Bei den Deckungsfällen soll weiter zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen unterschieden werden. Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird. Der Rechtsverkehr soll sich darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden.
Bis Mitte Juni 2015 sind die Verbände aufgefordert, ihre Stellungnahmen zum Referenten-entwurf einzureichen.