Die sogenannte Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG versagt eine steuerneutrale Spaltung, wenn mit ihr die Voraussetzungen einer Veräußerung geschaffen werden. Welche Fallkonstellationen unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen, wird aktuell von den Finanzgerichten kontrovers diskutiert.
Konzerne können ihre Beteiligungsverhältnisse durch Auf- oder Abspaltungen steuerneutral neu strukturieren und steuerfreie Anteilsverschiebungen vornehmen. Das gilt beispielsweise für eine 100-% Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die im Falle ihrer Veräußerung in Höhe von 5 % steuerpflichtig, oder bei einem Teilbetrieb bzw. Mitunternehmeranteil, deren Veräußerung vollumfänglich steuerpflichtig wäre. Um einen etwaigen Missbrauch zu verhindern, hat der Gesetzgeber entsprechende Tatbestände gesetzlich definiert. So greift in Fällen einer Auf- oder Abspaltung der unter bestimmten Voraussetzungen zu gewährende Buchwertansatz nicht, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen wird. Nach der sogenannten Nachspaltungsveräußerungssperre greift der Buchwertansatz ebenso nicht, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Davon ist auszugehen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG), wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden.
Derzeit umstritten ist die Frage, ob die Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) einen eigenständigen, über die Fälle des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG hinausgehenden Anwendungsbereich hat.
Folgt man der Auffassung, die Satz 3 nur in Zusammenhang mit Satz 4 anwendet, würden Veräußerungen unterhalb der 20 % Beteiligungsgrenze oder nach Ablauf der Fünfjahresfrist unschädlich sein. Bei einer eigenständigen Betrachtung würde eine eigene – unabhängig von Beteiligungsgrenzen und Haltefristen – Prüfung vorzunehmen sein, ob mit der Ab- bzw. Aufspaltung die Voraussetzungen einer Veräußerung geschaffen werden.
Zu dieser Frage vertreten derzeit das FG Berlin-Brandenburg und das FG Hamburg unterschiedliche Ansichten:
- Das FG Berlin-Brandenburg legt die Nachspaltungsveräußerungssperre mit Urteil vom 31.05.2018 (9 K 9143/16) eng aus und gewährte in seinem Fall dem Steuerpflichtigen den Buchwertansatz. Das Finanzgericht sieht in den beiden Sätzen (Satz 3 und 4) eine untrennbare inhaltliche Einheit, wonach die Veräußerungssperre nur dann zur Anwendung gelangt, wenn die in Satz 4 beschriebene Voraussetzung – das Überschreiten der 20 %-Grenze – erfüllt ist.
- Anders das FG Hamburg, das eine strenge Linie fährt und den Anwendungsbereich der Nachspaltungsveräußerungssperre in einem Urteil vom 18.09.2018 (6 K 77/16) weit auslegt. Das Finanzgericht sah im zu beurteilenden Fall trotz der Unterschreitung der 20 %-Grenze bei einer zeitnah nach einer Spaltung eine Vorbereitung für eine Veräußerung an eine außenstehende Person und kam zu dem Schluss, dass die Nachspaltungsveräußerungssperre ausgelöst wurde und verwehrte die Buchwertfortführung. Die Regelungen in den Sätzen 3 und 4 seien getrennt voneinander zu beurteilen. Damit gab das Finanzgericht in dem konkreten Fall der Finanzverwaltung recht (vgl. zur Auffassung der Finanzverwaltung Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 13.04.2015).
Die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG einen eigenständigen Anwendungsbereich entfaltet, hat nun der BFH zu entscheiden. Gegen beide Urteile ist Revision beim BFH anhängig (I R 39/18 und I R 27/18).
Es bleibt zu hoffen, dass der BFH nicht der weiten Auslegung des FG Hamburg folgt, sondern sich für eine auch für die betroffenen Unternehmen handhabbare Anwendung der Nachspaltungsveräußerungssperre ausspricht.
Auf das Einhalten der 20 %-Grenze allein sollte man sich im Hinblick auf eine steuerneutrale Umstrukturierung und Veräußerung nicht verlassen, solange die Sachverhalte nicht höchstrichterlich geklärt sind. Stattdessen sollte man über alternative Strukturierungsmöglichkeiten nachdenken.
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