Zinsen und Entgelte für die Überlassung von Fremdkapital stellen handelsrechtlich Aufwand dar, im Rahmen steuerlicher Gewinnermittlung werden die durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen grundsätzlich ebenfalls gewinnmindernd erfasst.
Die Gewerbesteuer soll jedoch aufgrund ihrer besonderen Zwecksetzung nicht zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierung differenzieren. Diesem Ziel wird durch eine Spezialregelung Rechnung getragen. Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG sind Entgelte für Schulden, wenn diese zuvor als Aufwand erfasst wurden, der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer anteilig hinzuzurechnen. Die durch den Gesetzgeber gewählte Formulierung „Entgelte für Schulden“ (in Form einer Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital) erweist sich in vielen Praxisfällen jedoch als nicht präzise genug, sodass die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs zahlreiche Fragen aufwirft. Dies soll nachfolgend anhand von zwei Beispielen veranschaulicht werden.
Beispiel 1: Bei einem sogenannten Zinsswap tauschen die Vertragsparteien feste und variable Zinsraten gegeneinander aus, um sich gegen Zinsschwankungen abzusichern. Weil die Swap-Aufwendungen mit der Fremdkapitalüberlassung in Zusammenhang stehen, klassifizierte die Finanzverwaltung diese als Zinsen i. S. d. Zinsschranke des § 4h EStG (vgl. OFD Karlsruhe vom 10.10.2014) und für Zwecke des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.
Dem widersprach nun das FG Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom Januar 2019 (6 K 6242/17). Nach dem Urteil handelt es sich bei Swap-Aufwendungen nicht um Zinsen i. S. d. Zinsschranke nach § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Zur Begründung führt das FG Berlin-Brandenburg aus, dass Zinsen nach § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG Aufwendungen für die Vergütung für Fremdkapital seien, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Dies umfasst zwar grundsätzlich neben Zinsen auch sonstige Aufwendungen, die für die Nutzung von Fremdkapital entstanden sind und damit wirtschaftlich einem Zins entsprechen. Allerdings setze die Norm nach Auffassung des Gerichts zwingend voraus, dass es sich um Vergütungen für die vorübergehende Überlassung von Geldkapital handelt.
Nach dem Urteil des FG stellen Ausgleichzahlungen aus einem Zinsswap grundsätzlich keine Vergütungen für Fremdkapital dar, sondern sind ein Ergebnis einer verlorenen Wette auf die zukünftige Entwicklung der Zinsen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Swap-Aufwendungen mit einer zugrundeliegenden Darlehensvereinbarung so verflochten sind, dass sie eine wirtschaftliche Einheit bilden (Deckungsgleichheit von Valutahöhe und Laufzeit).
Da diese vom Gericht vorgegebenen Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt waren, stufte das FG die Swap-Aufwendungen weder als Zinsen i. S. d. § 4h EStG noch als Entgelte für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ein.
Beispiel 2: Das FG Baden-Württemberg hat in einem weiteren Urteil aus dem Februar 2018 (3 K 3018/15) zu der Frage entschieden, ob es sich bei während eines Wertpapierdarlehens über festverzinsliche Anleihen aufgelaufenen Stückzinsen um Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a. F. handelt. Das FG hat diese Frage in dem konkreten Fall verneint.
Bei einem Wertpapierdarlehen handelt es sich um einen Sachdarlehensvertrag im Sinne des § 607 Abs. 1 BGB. Bei einem Sachdarlehensvertrag ist der Darlehensnehmer verpflichtet, ein Entgelt für die Überlassung der Sache zu zahlen und bei Fälligkeit Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Zur Sicherung dieser Rückgewährverpflichtung schloss die Klägerin unbedingte Termingeschäfte (Forwards) über entsprechende Anleihen mit einer Bank ab. Die Bank stellte der Klägerin die bis zum Erwerb angefallenen Stückzinsen in Rechnung. Die Klägerin musste nur die Stückzinsen an die Bank zahlen. An die Darlehensgeberin hatte die Klägerin keine Zinsen zu zahlen, da in die Darlehenslaufzeit keine Zinstermine fielen.
Nach dem FG stellen die Stückzinsen keine Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a. F. dar. Denn Entgelt für Schulden ist die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital, nicht dagegen die Gegenleistung für eine aus einem anderen Rechtsgrund erbrachte Leistung. Die Stückzinsen stellen nach Auffassung des Gerichts jedoch kein Entgelt für die Überlassung der Sache (hier: Anleihen) dar, sondern für die Beschaffung von Sachen (hier: Anleihen) gleicher Art, Güte und Menge zur Erfüllung der Rückgewährverpflichtung.
Fazit: Es ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung in beiden Urteilen zwischen dem eigentlichen Schuldverhältnis und sonstigen Rechtsgeschäften, auch wenn diese mit dem Schuldverhältnis wirtschaftlich eng verflochten sind, strikt trennt. Dabei stützen sich die Finanzgerichte auf die zivilrechtliche Ausgestaltung der Darlehensvereinbarung. Damit liefern beide Gerichte Argumentationshilfen für betroffene Unternehmen in laufenden Betriebsprüfungen.
Aber: die Revision zum BFH für die Urteile wurde zugelassen bzw. läuft bereits. Es bleibt also abzuwarten, wie die nächsthöhere Instanz die Sachverhalte beurteilt.
Bild: Rainer Sturm/ pixelio